Karstadt-Warenhaus — Königstraße 27, Stuttgart
2017
Umbau des Karstadt-Warenhauses Königstraße 27 in Stuttgart zu einem multifunktionalen Geschäftshaus. Einzelhandelsstrukturen unterliegen ständigen Veränderungen, die jeweils neue Ansprüche an die Architektur der Handelsbauten stellen. Die Veränderungen der Einzelhandelsstrukturen haben wesentlichen Einfluss auf die Nutzung von Einzelhandelsimmobilien und die Attraktivität der Standorte und Innenstädte.
Die Einzelhandelslandschaft in den Innenstädten wird durch Schließung von Warenhausfilialen oder Reduzierung der Verkaufsflächen einzelner Filialen verändert. Der Leerstand von frequenzbringenden Immobilien ist eine Bedrohung der Qualität der Innenstädte sowie der städtebaulichen Zielsetzungen.
Die Konzeptfindung für die optimale Nutzung von ehemals monogenutzten Verkaufsflächen eines Warenhauses steht im öffentlichen und privaten Interesse. Wir haben, im Zuge des Verkaufsprozesses der Karstadt-Immobilien, Nachnutzungskonzepte für verschiedene Immobilien-Portfolios bearbeitet. So auch für das Karstadt-Warenhaus Königstraße in Stuttgart, das nach Auszug des Mieters Karstadt von der Signa Unternehmensgruppe umgesetzt wurde.
Der siebengeschossige Komplex befindet sich in der Stuttgarter Innenstadt an der hochfrequentierten Einkaufsstraße Königstraße, Ecke Schulstraße. Der Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz schließt süd-westlich an das Gebäude an und ist mit der dem Gebäude zugehörigen Tiefgarage unterbaut. Um das Planungsrecht zu sichern, wurde das aus drei Gebäudeteilen bestehende Warenhaus weitestgehend im Bestand erhalten. Die Verkaufsflächen wurden zugunsten von Mischnutzungen reduziert, vom Untergeschoss bis zum 4. Obergeschoss entstanden kleinere ein- oder mehrgeschossige Einzelhandels- Mieteinheiten, während im 5. und 6. Obergeschoss attraktive Büroflächen realisiert wurden.
Die Herausforderung bestand darin, die Anforderungen eines multifunktional genutzten Geschäftshauses in die Bestandskubatur eines monogenutzten Warenhauses sinnvoll und konstruktiv wirtschaftlich einzupassen. Zu den umgesetzten Maßnahmen zählten etwa die Adressbildung und Erschließung der neuen Handels-Büroflächen über die Königstraße sowie die Anbindung der entsprechenden Tiefgarage über den Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz. Auch die Logistik wurde neu geordnet und auf die Mieterbelange abgestimmt. Die Gebäude wurden vollständig entkernt und die Geschossebenen zum Teil zurückgebaut. Zur Optimierung der Mietflächenzuschnitte und Flexibilität wurden vorhandene Treppenhäuser ganz oder teilweise entfernt und an anderer Stelle ersetzt.
Die Fassaden erhielten entsprechend der Neuausrichtung ein neues zeitgemäßes Erscheinungsbild. Die „steinerne“ Fassade des Hauptgebäudes an der Königstraße wurde in Anlehnung an die Bestandsfassade unter Berücksichtigung der neuen Nutzungen interpretiert. Auf einem zweigeschossig ausgebildeten Schaufenstersockel sitzt die Lochfassade der Obergeschosse auf und wird durch das zurückversetzte Staffelgeschoss mit einer Pfostenriegelfassade abgeschlossen. Die hochwertige, elegante Ausführung der Natursteinfassade wird durch ihre reduzierte Detaillierung unterstrichen. Ebenfalls bei der Neuausrichtung der Putzfassaden standen Eleganz und Reduktion auf das Wesentliche im Fokus.
Auch die teils aus dem 19. Jahrhundert stammenden Grundmauern des Ursprungsgebäudes mit ihren vielfachen Überformungen bis zu den Erweiterungsbauten der 1980er-Jahre waren eine große Herausforderung. Dieses Konzept unter komplexen Bedingungen wurde schließlich mit einer LEED Zertifizierung in Gold erfolgreich abgeschlossen. Dies konnte nur in der konstruktiven und engagierten Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten – Bauherr, Behörden, Fachplaner, Bauleiter und ausführende Firmen – gelingen.
Fotos Michael Reisch