immobilienmanager-Award 2016 für die beste Stadtentwicklung, Forum Hanau
01.03.2016
Hanau – eine Stadt erfindet sich neu!
Wenn Architektur auch ein Spiegel der Gesellschaft ist, dann haben sich die Bürger Hanaus mit ihrem neuen Stadtzentrum in einem zähen, spannungsgeladenen, von Anfang an ergebnisoffen geführten Mitwirkungsprozess ein Alter Ego erarbeitet. Die Fachjury des Immobilienmanager-Awards spricht deshalb von einem „identitätsstiftenden Projekt“, damit meint sie auch den von RKW geplanten und von HBB umgesetzten radikalen Umbau von Teilen der Innenstadt. Der wurde möglich, weil die Kommunalpolitik mutig voranging und die Stadtgesellschaft sich von der kühnen Idee eines klugen, weit geöffneten Dialogs unter Bürgern und Fachleuten gefangen nehmen ließ. Der offiziell zusammengerufene 150 Köpfe zählende Beirat war die Testbürgerschaft für einen überaus anstrengenden, gleichermaßen befruchtenden Diskurs über bürgernahe Stadtentwicklung, individuellen Geschmack und die notwendige Zurückstellung von Einzelinteressen.
Jeder, der wollte und sein Herzblut beisteuerte, wurde mitgenommen. Diskutiert wurde in den dafür installierten Gremien, an eigens veranstalteten Bürgerwochenenden, an Infoständen in der Fußgängerzone und selbst im Tennisclub oder bei Grillfesten. Wo gab es das schon: Eine in Tristesse und Ausweglosigkeit versunkene Stadt, an deren Selbstheilungskräfte niemand mehr glaubte, die am Ende aber zum Glück die nötige Energie aufbrachte, um über sich nachzudenken. Wo und wie sollen wir anfangen? Was können wir schaffen, und mit wem können wir es schaffen? Auf einmal wollten die aufgewachten Hanauer vieles – fast alles – auf einmal, und am Ende siegte auch die Einsicht, dass Einzelinteressen nicht automatisch das Gesamtinteresse bilden können.
Zur Disposition standen fünf beziehungslos verteilte öffentliche Plätze und als Symbol für die Gesichtslosigkeit des Wiederaufbaus ein kahles, überdimensioniertes Monstrum von Parkplatz und Busbahnhof, das zudem ein Zusammenwachsen von Altstadt und Neustadt auf Ewig zu verhindern schien. Der im schleichenden Niedergang befindliche Einzelhandel hielt verzweifelt Ausschau nach einer Kundschaft, die sich für Hanau als Einkaufsstadt nicht mehr interessierte. Es heißt: Wer in ein Haus oder in eine Wohnung investiert, der kauft sich auch ein Stück Stadt. In Hanau verspürte dazu niemand mehr Lust.
Heute ist Hanau eine andere Stadt. Es gibt neue Plätze, Wege und Straßen, die in vernünftigen Beziehungen zueinander stehen. Die Bürger haben ihre Stadt wieder angenommen. Als „zentrales Merkmal und identitätsstiftendes Projekt“ diene das durch die Stadt, HBB und RKW neu konzipierte Einkaufs- und Kulturzentrum Forum Hanau, heißt es in der Urteilsbegründung der Fachjury. „Durch dessen Gliederung in fünf solitär wirkende Baukörper entstand eine eigene städtebauliche Sprache.“ Das Forum Hanau sorge für eine Initialwirkung für die weitere Entwicklung.
Nach 2.650 Tagen entwickeln, planen und bauen gibt es 600 neue Arbeitsplätze, 90 neue Geschäfte und Gastronomiebetriebe auf 22.000 Quadratmetern Shoppingfläche, 750 neue Parkplätze, 690 Meter neue Regale in Hessens modernster Bibliothek und, und, und. Hanau ist – mit den Worten ihres Marketingchefs und Stadtentwicklers Martin Bieberle – unter den Städten des Rhein-Main-Gebiets „wieder kampagnenfähig“ geworden.
Fotos Marcus Schwier
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